showcase beat le mot: "Grand Slam", eine Koproduktion von Kampnagel mit showcase beat le mot, Podewil Berlin, Festspielhaus Hellerau Dresden, SpielArt München.
Gefördert durch die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin.

"Grand Slam" (1999) ist eine Produktion über Tennis, Arbeit(slosigkeit) und Techniken des Glücks. Sie wurde für einen Tennisplatz gemacht, der schließlich nicht bespielt werden konnte und deshalb aus Nadelfilz nachgebaut werden mußte. Inzwischen wurde dieser Filz-Court in 2 Quadratmeter große Einzelteile zerlegt und über den Globus verteilt. Gespielt in Hamburg, Berlin, Dresden, München, Düsseldorf, Cardiff und Stockholm.

Konzeption, Raum, Texte: Oliver Behnecke, Nikola Duric, Thorsten Eibeler, Florian Feigl, Dariusz Kostyra, Veit Sprenger, Ulrike Hanstein, Martina Stoian.
Performance: Nikola Duric, Thorsten Eibeler, Florian Feigl, Dariusz Kostyra, Veit Sprenger. Choreographie: Jochen Roller.
Musik: Albrecht Kunze.
Video: Oliver Behnecke, Korstaan Mahal, showcase beat le mot.

Link zu showcase beat le mot: www.showcasebeatlemot.de

 

 


Presse (Auswahl):

Hamburger Abendblatt, 26. Februar 1999
Fabelhafter Irrsinn

noll Hamburg - Die Szene zeigt einen Tennisplatz, fünf Zelte und eine Stehtribüne fürs Publikum. Aus den Boxen dröhnt "Welcome to the Pleasure Dome", vier Tennisspieler betreiben eine groteske Gymnastik, während der fünfte folgenden Monolog hält: "Guten Tag, ich bin eine Tennisballwurfmaschine. Ich stehe hinter der Auslinie und spucke mit Worten. Mir fliegen die Bälle um die Ohren. Ich glaube, es ist Krieg." Das Ganze findet auf Kampnagel statt, es ist "Grand Slam", die neue, irrwitzige Produktion des Theater-Kollektivs "Showcase Beat Le Mot" aus Gießen.
Das Interesse dieser Truppe gilt dem vermeintlich normalen Freizeitverhalten, doch die von ihnen geschaffenen Szenen zeigen, daß man es dabei vielmehr mit absurden Abläufen zu tun hat. Ihre Form wurde dominiert von Verlangsamungen und Wiederholungen, die Akteure lösten das Geschehen in simultanen Aktionen auf und referierten vielerlei skurrile Geschichten. Wenn man schon nach einem Begriff dafür suchen muß, dann vielleicht den des philosophischen Schabernacks, der von den Darstellern augenscheinlich ernst genommen und dann doch ironisch zerstört wird. Wie auch immer: Es war gut. Fabelhafter Irrsinn, das alles.


Junge Welt, 8./9. Mai 1999, Nr. 106
Kampf ums Glück

Auf die Füße fallen und seinen Platzvorteil behaupten: Showcase beat le mot mit "Grand Slam II" bei "reich & berühmt" im Berliner Podewil
(...)
Showcase spielen auf ihrem Theater-Tennisplatz noch einmal die großen Spiele der Vergangenheit durch, aber mit veränderten Regeln. Sie haben sich einen eigenen, coolen Stil zugelegt. Viel Musik, ein groovender Stoizismus, charmantes Auftreten, antidramatischer Dilettantismus, komische Choreographien, ein bißchen Video und erzählte Geschichten als Performance-Methode. Das Theater ist wie eine multimediale Langspielplatte, ein 3D-Breitwand-Mix mit Interaktionssensoren. "Relax". Sie probieren Spielformen aus, intelligente Sketche für die Nachgeborenen. In Echtzeit. "Love is a burning thing". "Pong". Blubber. "Lost Highway". Melancholie. "Paint it black".
Was machst Du eigentlich aus Deinem Leben? Im Kino läuft zur Zeit ein Werbespot für das Kino, in dem auf der Leinwand ein Fernseher in Originalgröße gezeigt wird, um damit zu demonstrieren, wie erbärmlich Spielfilme im Femsehformat sind. Dann explodiert der Femseher und das Bild füllt die gesamte Leinwand. So ähnlich ist es mit "Grand Slam II" in der hoch gewölbten Parochialkirche neben dem Podewil. Ein Original-Tennisspielfeld im Querformat als Bühne, da braucht man einen weiten Blick, um alles mitzubekommen. Ein Werbespot für ihr Ambient-Theater, wo alles noch größer und künstlicher und echter und explodierender als im Kino ist, wenn man bereit ist, selber mitzuspielen, das heißt, wenn man die eigenen Bilder zuläßt. Das Showcase-Theater macht zuallererst ein Angebot. Es stellt nichts dar, es fordert zu nichts heraus, wie das sonst im Theater üblich ist, es untersucht nicht einmal richtig, sondern es zeigt Performer, die all das gern würden, es aber nicht wollen oder können (das bleibt immer etwas unklar). Das Angebot, das daraus erwächst, ist, sich einen eigenen Mix zu basteln. Während ihre erste Show "Radar, Radar" vor einem Jahr noch auf ein loungig-intellektuelles Entertainment setzte, werden die einzelnen Module jetzt einfach verdichtet. Man könne ihnen beim Denken zuschauen, behaupten sie. Aber es ist schwierig, fünf bis sieben Denkbewegungen gleichzeitig zu folgen.
Die größte Tat von Showcase, und ein Beitrag zur Erfindung einer neuen Theatersprache, ist die Erzeugung eines freundlichen Sets, das, obwohl darin gänzlich undramatisch (ohne Gefühle) agiert wird, dennoch eine typische Theaterenergie erzeugt. Weil sich die Performer so zurückhalten, laden sie dazu ein, ihrer abstrakten Geste zu folgen, und den Raum der Emotionen selbst zu besiedeln. Die Show von Showcase. beat le mot nachzuerzählen ist so langweilig wie die Geschichte von einem Fisch im Aquarium. Dennoch, das Finale: Da taumeln die Performer im Kreis herum, sie drehen sich immer schneller und versuchen dann, einen Aufschlag hinzubekommen. Es bleiben leere Schläge in der Luft. Die gute Absicht vom Anfang, sich zu organisieren, ist vergessen. Das Spiel hat jegliche Orientierung geraubt. Zeit für einen Neustart. Dann sagen die fünf "Hallo". Und Schluß. Das nächste Spiel muß jeder selber spielen. Die körpereigene Kritik meldet Zweifel an, ob man das darf, ob das gut ist und ob es Bestand haben kann. Aber der leere Kopf nickt im Rhythmus des Chill Outs still und weise vor sich hin. Nichts hat Bestand. Das Argument ist falsch. Der tanzende Moment ist richtig. Spielstand: 30 zu Liebe.
Felix Herbst